Harmonisch umgeben von Reben
1000 Jahre Weinbau
Römer und Franken brachten den Weinbau
Der Weinbau in unserer Gemeinde hat eine über tausendjährige Tradition. Urkundlich erhalten wir erstmals im Jahre 976 darüber Nachricht. Am 15. November jenes Jahres schenkte Kaiser Otto II. dem Bischof Anno von Worms die Benediktinerabtei Mosbach als Eigentum, darunter auch Mühlhausen (Mulinhusa) mit Kirche und Weinbergen.
Aber die Anfänge des Weinbaus in unserer Region werden schon immer mit den Römern in Verbindung gebracht. Doch die Wildformen der Reben wuchsen bereits in vorgeschichtlicher Zeit in den Auwäldern längs des Angelbachs. Sie kletterten lianenartig bis in die höchsten Baumkronen und brachten kleinbeerige, blaue Trauben zur Reife. Wohl haben die Besitzer der römischen Gutshöfe Reben für ihren Eigenbedarf gepflanzt, vermutlich auch rund um die „Villa rustica“ in der Nähe des Stubenbrunnens. Die nachfolgenden Alemannen verstanden nichts vom Weinbau.
Erst die fränkischen Siedler brachten aus Frankreich im 6. und 7. Jahrhundert den Weinbau wieder zu uns. Der Wein wurde zum Volksgetränk. Um das Jahr 900 gab es in unserer Gegend 80 verschiedene Rebsorten. Die Weingärten wurden im Kammerbau angelegt, das heißt mit Pfählen und Querhölzern. Eine Blüte erlebte die Weinerzeugung vor dem Dreißigjährigen Krieg. Aus dieser Zeit stammt der Spruch: „Tausendfünfhundertdreißig und neun (1539) galten die Fässer mehr als der Wein“.
Süßer Wein war beliebt, Malvasiner und Muskateller aus Griechenland, Traminer, Albaner und Sylvaner aus Tirol. Diese Massenträger lieferten mehr als den eigenen Bedarf. Damals kamen die Besen- und Straußwirtschaften auf, in denen die Landwirte und Winzer für eine bestimmte Zeit mit herrschaftlicher Genehmigung ihren überschüssigen Landwein ausschenken duften.
Die Fürstbischöfe von Speyer steuerten deshalb dem Anbau dieser ergiebigen Weinsorten entgegen, indem sie den Qualitätsanbau förderten und sogar verordneten. Ein Aufseher des Bischofs kam zum Johannistag im Juni, um nachzusehen, ob der Weinberg ordnungsgemäß eingebaut war, im Herbst erschien er zur Weinlese und führte Aufsicht in der herrschaftlichen Kelter.
Herrschaftliche Kelter von 1576
Die Trauben mussten nach dem sogenannten Bannrecht in der herrschaftlichen Kelter gepresst werden. Eigens bestellte Zehnt- und Kelterknechte überwachten die Traubenlese und sorgten dafür, dass die Trauben ohne Ausnahme der Dorfkelter zugeführt wurden. Dort wurde auch der Zehnte einbehalten. Die Herrschaft erbaute die Kelter, wobei die Bewohner der Gemeinde Frondienste zu leisten hatten.
Im Jahre 1401 wird die Kelter erstmals erwähnt. Sie gehörte dem Bischof von Speyer und stand ursprünglich neben dem heutigen Museumshaus am Angelbach. 1576 ließ Bischof Marquart (1560 – 1581) ein neues Kelterhaus an der Stelle des Frühmesshauses neben dem heutigen Friedhof errichten. Auf dem Platz der alten Kelter in der Unteren Mühlstraße gegenüber der Kirche wurde bis ins 17. Jahrhundert eine Ölmühle betrieben. Als die großherzoglich badische Regierung im Jahre 1821 das Bannkelterrecht aufhob, verlor die herrschaftliche Kelter an Bedeutung, zumal im Ort alsbald mehrere private Keltern entstanden.
Im historischen Pfarrweinberg wächst heute ein guter Johanniterwein
Als im Jahre 976 Kaiser Otto II. die Benediktinerabtei Mosbach mit ihrem Besitz dem Bischof Anno von Worms zu eigen gab, gehörte auch Mühlhausen dazu. In der Schenkungsurkunde werden auch Weinberge genannt. Vor über 500 Jahren wird dann ein Pfarrweinberg in Mühlhausen zum ersten Mal erwähnt. Im Wormser Synodale lesen wir: „Maxime vineae pereunt. – Die Weinberge sind in höchstem Maße zugrunde gegangen“. Näher beschrieben wird der Pfarrweinberg 1564 im Competenzbuch der Pfarrei Mühlhausen: „Item zwei morgen Weingarten ungeverlich (=ungefähr) bei der Pfarrbehausung über den Weg hinüber, davon doch uff ein halber morgen felsig und egartem (=öde)“.
Die Pfarrbehausung ist das ehemalige Pfarrhaus, das in barocker Gestalt erhalten ist. In den Pfarrweinberg baute man 1906 das neue Pfarrhaus und 1908 die Bernhardushalle. Das alte barocke Pfarrhaus mit dem großen Pfarrgarten, über der Straße das neue Pfarrhaus und die Bernhardushalle, dahinter der historische Pfarrweinberg sowie das Gartenhaus bilden somit eine Gesamtanlage, die das Ortsbild Mühlhausens mit prägt und somit in höchstem Maße schützenswert ist. Die Größe der geschlossenen Anlage und der unbebauten Fläche des Pfarrguts auf beiden Seiten der Unteren Mühlstraße sprechen für ein sehr hohes Alter. Sehr wahrscheinlich hat das Hofgut mit dem Weinberg schon vor dem Jahre 1000 bestanden und wurde bei der Gründung der Pfarrei als Pfarrgut gestiftet.
Aufgrund seiner extrem steilen Südhanglage brachte der Pfarrweingarten schon immer einen sehr guten Wein hervor. Selbst im schlechten Weinjahr 1839 wird er als einziger der Mühlhausener Weine von der großherzoglichen Hofdomänenkammer gelobt. Fels und Terrassenbildung machten den Pfarrweinberg nur zum Teil nutzbar. Gerade deshalb entstand hier ein Paradies für seltene Pflanzen und Tiere.
Die Katholische Kirchengemeinde St. Cäcilia, die Gemeinde Mühlhausen, der Obst- und Gartenbauverein und die Winzergenossenschaft Mühlhausen sowie der Winzerkeller Wiesloch und der Bund für Naturschutz setzten sich im Jahre 2004 zum Ziel, den historischen Pfarrweinberg als Kulturdenkmal und wertvolles Biotop zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das zum Pfarrhaus gehörende Grundstück, das mit Schwarzriesling bestückt war, wurde mit 250 Rebstöcken der resistenten Sorte Johanniter, bepflanzt.
Ferner wurde eine Trockenmauer als Lebensraum für die am Steilhang lebenden seltenen Tiere errichtet. Der Winzerkeller Wiesloch baute die Trauben des historischen Weinbergs ab dem Jahre 2007 auch als Messwein aus. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde unterstützten den Wiederaufbau des historischen Pfarrweinbergs durch die Übernahme einer Rebpatenschaft.
Von der verwirrenden Sortenvielfalt zum modernen Weinbau
Der Dreißigjährige Krieg wirkte sich verheerend auf die Weinberge aus. Um danach Neupflanzungen zu beschleunigen, gewährte der Bischof von Speyer im Mai 1650 Steuererleichterungen: Wer Weinberge neu anlegte, war für sechs Jahre von allen Steuern, Abgaben und Auflagen befreit. Gleichzeitig durften nur noch Qualitätsweine angebaut werden, ergiebige, aber unedle Reben durften nicht mehr angepflanzt werden. Schon damals sorgte ein Schädling, der Rebenstecher, in den Weinbergen für Ernteeinbußen.
Fürstbischof Franz Christoph rief dazu auf, den Schädling nicht nur durch Beten zu bekämpfen, sondern auch die Rebenblätter mit den Eiern des Ungeziefers zu verbrennen. Im Jahre 1781 waren auf Mühlhausener Gemarkung ungefähr 34 Morgen (=54 Hektar) mit Reben bepflanzt. Die Fläche steigerte sich noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf ziemlich konstante 60 bis 70 Morgen und erreichte bis zum Jahre 1909 einen Höchststand von 120 Morgen.
Diese alten Rebgebiete waren nur durch Fußpfade erschlossen. Pfähle, Dünger, Kompost und später auch die Spritzlösungen wurden auf dem Rücken den Hang hinaufgetragen. Ebenso trugen die Winzer ihre Trauben und das Rebholz auf dem Rücken ins Tal. Als dann die Nationalsozialisten verfügten, die allseits beliebten „Amerikaner“ auszuhauen, bedeutete dies das Ende, aber auch die Wende im Weinbau.
Bereits damals erkannten einige fortschrittliche Winzer die Notwendigkeit einer Rebflurbereinigung mit der planmäßigen Kultur von Pfropfreben. Aber noch bis zum Jahr 1970 herrschte in den Weinbergen eine verwirrende Sortenvielfalt. Dann gelang es dem Vorsitzenden des Obst- und Gartenbauvereins, Oskar Rühl, nach langer Aufklärungsarbeit, die Weinbauern davon zu überzeugen, dass mit modernen Anbaumethoden und geeigneten Rebsorten ein lohnender Weinbau möglich ist. Diese Bemühungen mündeten schließlich in die Flurbereinigung „Heiligenstein“ mit den Rebsorten Riesling und Müller-Thurgau.
Im Jahre 1974 gründeten 19 Winzer unter der Führung von Eugen Greulich die Winzergenossenschaft Mühlhausen. Diese ist Mitglied beim Winzerkeller Wiesloch, wo die Weine ausgebaut und vermarktet werden. Zur hiesigen Winzergenossenschaft gehören auch Winzer aus den Ortsteilen Rettigheim und Tairnbach sowie aus den Nachbargemeinden Angelbachtal und Eschelbach. Zur Weinlese 1975 entstand im Gewann „Fraubronnen“ eine Winzerhalle, in der die Trauben angeliefert werden.
Durch die weitere Flurbereinigung wurde die Rebfläche im Gewann „Lichtengrund“ erweitert und mit rotem Spätburgunder bestückt. Heute zählt die Winzergenossenschaft Mühlhausen knapp 70 Mitglieder, die auf einer Fläche von gut 30 Hektar hauptsächlich die Traubensorten Weißburgunder, Riesling, Müller-Thurgau und Spätburgunder anbauen. Das Motto der Winzer lautet heute: „Qualität ist wichtiger als Quantität – mehr Klasse als Masse“. Nach über tausend Jahren Weinbau gehört unser Dorf mit dem „Mühlhausener Heiligenstein“ wieder zu den Orten, deren Weine bei Kennern einen guten Namen haben.